Donnerstag, 14. Januar 2021
Der Geschmack unserer Zeit
Wie ist es, in einer Zeit des Vergessens zu leben, in einer Zeit, in der wir alle Teile unserer Menschlichkeit vergessen. Wie ist es, wenn in einer unruhigen Zeit, in der wir heute angekommen sind, unser Ego die Führung übernimmt, um zu überleben. Nicht links, nichts rechts zu schauen, was am Wegesrand ist, einfach weiterzugehen, darüber zu steigen über das, was wir nicht sehen wollen. Meinungen klaffen plötzlich auseinander, man zieht sich zurück, weil es kein Miteinander mehr gibt. Grundwerte, die uns bis hierher brachten, bröckeln auseinander. Sodass Moral und Religion nur noch im Extremen benutzt wird; entweder sie verliert vollends ihre Wichtigkeit oder sie leitet uns zu Attentaten an. Wird Religion auch diesmal verwendet, um einen Krieg anzufangen?

Man sieht nicht mehr hin, macht sich nicht mehr die Mühe, alles aufzudrieseln, Meldungen, die unsere Ohren erreichen zu prüfen und richtig hinzuschauen. Lügen verbreiten sich schneller als die Wahrheit. Und die ist unterwegs verloren gegangen. Meinungen steigen hoch wie Seifenblasen, machen das Leben bunt und aufregend in einer Gesellschaft, in der nur noch Wert auf Äusserlichkeiten und nicht mehr Wert auf Taten und klare Worte gelegt wird.
So sind wir alle Opfer des Scheins, der Seifenblasen geworden, die uns zur nächsten Stufe der Verdummung führt.

Die Wahrheit ist weit weg, die Meinungen sehr extrem, aber ist es so schwierig zu sehen, was einfach ist, als Bestandsaufnahme?
In dieser Welt geht es derzeit darum eine Pandemie zu überstehen. Jeder wird damit konfrontiert. Jeder muss für sich seinen Weg finden, damit umzugehen. Denn wir können sie nicht länger leugnen. Annehmen, Erkennen, Loslassen. Das ist die Aufgabe, die dahinter steckt für uns als Menschen, für uns als Menschheit.
Es spielt keine Rolle, warum sie uns letztlich heimsucht; sie ist da.
Dem müssen wir uns stellen. Die Wahrheit um ihre Entstehung finden wir später raus. Erstmal geht es ums nackte Überleben. Das Leben, das wir davor hatten muss überdacht werden; jetzt ist Innenschau angesagt. Verluste, auch und Trauer und Verzweiflung in so vielen Fällen.
Wo ist unser Mitleid, unser Miteinander geblieben in dieser schweren Zeit?

Kriege haben die Menschen auch immer zusammen geschweisst. Das dürfen wir nicht vergessen.
Not lässt uns alle auch ein Stück näher zueinander rücken.
Wo ist dieser Zusammenhalt in einer Welt, in der selbst die Politiker keine Führung mehr schaffen?

Ein Zusammen gibt es nicht mehr, obwohl das ein guter Weg, vielleicht sogar die Lösung wäre.

Und wenn ich einen Blick in die Zukunft wage, auf dem Fluss, auf dem wir nun fahren, dann stehen Zerstörung, Aggression und niedere Instinkte im Vordergrund. Wie viele Menschen haben Angehörige, Freunde verloren, wie viele haben ihre Arbeit verloren, ihre Existenz?
Es wird keine Entspannung der Lage geben, vorläufig; wir sind die Gefangenen unserer Pandemie.
Rückzug, Einkehr, Besinnung.
In diesen dunklen Winkeln unserer Zimmer, in all der Einsamkeit kann Klarheit entstehen. Dort im Stillen, wenn Einzelne wieder beten, meditieren, sich selbst sehen wollen, dann kann die Echtheit, die Erinnerung an echte Werte zurückkehren. Und dort wird heute eine Zukunft mit ihren Grundwerten begründet, die wir heute noch gar nicht erahnen. Jeder Einzelne trägt dazu bei. Die Innenschau, das Innehalten in einer so turbulenten Zeit, dieses Stehen-Bleiben inmitten des Orkans ist die Stärke, auf die wir morgen bauen.

Wir sind jetzt in der Erkennungsphase dieser Pandemie; wir müssen uns dem stellen, dass es sie tatsächlich gibt; müssen sie annehmen, akzeptieren. Erst dann, wenn wir durch alle Fake-News darüber und durch sind, können wir ein klares, analytisches Auge auf das Virus direkt werfen, weil wir dann erst erkennen, was es wirklich ist. Unser Blick ist verzerrt von so vielen Meinungen, es gibt zu jeder Theorie Fakten, mehr oder weniger wahr. Unser Blick ist getrübt von Schrecken und Angst, da sieht man nicht was wirklich ist.

All die Fragen darüber werden eines Tages beantwortet, aber bis dahin sind sie nicht mehr wichtig. Diese Pandemie dient nur als Auslöser einer langen Reihe von logischen Ereignissen und Folgen; sie ist nur der Anstoss zu einer Zeit, die uns in einen Umbruch bringt. Wir denken über uns selbst nach. Fort von Ablenkung, von Geld und Konsum.
Diese Werte werden abgelöst und erinnern uns an das was wir wirklich sind und sein wollen auf dieser Erde. Es wird ein neues Miteinander geben. Viel neues wird in kleinem Rahmen entstehen.
Wenn wir ein neues Miteinander auf echten Werten in kleinen Kreisen entdecken, kann daraus eine neue Gesellschaft entstehen, in der jeder auch individuell sein darf. Freiheit bedeutet in erster Linie die Verantwortung für unser eigenes Handeln zu übernehmen und mit den Konsequenzen unserer Entscheidungen zu leben. Diese Freiheit, diese Verantwortung ruft uns jetzt.
Wohin haben uns all die Filme über eine bessere Welt gebracht? Wo stehen wir mit unserer Meinung in unserem persönlichen Leben mit all den Einflüssen, die wir über unser Tun und Denken herrschen lassen?

Jetzt wird Platz und Raum geschaffen, Altes, nicht mehr Brauchbares zerstört.
Schaffen wir in uns Platz für neue Ideen und Gedanken, wo wir hinwollen, wo wir unsere Massstäbe neu definieren. Frei im Denken, Ernst in Ideen und klar im Handeln.

So wird ein neues Bewusstsein entstehen, das uns in eine neue Ära führt. Wir werden frei und unabhängig sein, selbstverantwortlich handeln und ein neues Miteinander schätzen lernen. Jeder für sich und alle gemeinsam gehen wir der neuen Welt entgegen.
Wenn wir es schaffen, aus unserer Geschichte tatsächlich zu lernen, wird das ein guter Anfang sein.
Aber was heisst das schon. Was bedeutet das für jeden Einzelnen von uns? Die Dynamik reisst uns alle mit, jeden auf seine Art.


Fake-News werden keine Bedeutung mehr haben, in erster Linie werden Taten und echte Worte gefordert sein, Hilfe, Klarheit, die wir brauchen, werden wir uns selbst und gegenseitig geben, denn wir werden sehen, dass es im Miteinander leichter ist zu leben.

Was irgendwann im Kleinen entsteht, kann morgen unsere Gesellschaft tragen als Grundpfeiler einer bewussteren und echten Gesellschaft, von deren Bild wir heute vielleicht nur die Umrisse erahnen.
Heute ist wichtig, wie jeder Einzelne mit dieser Situation umgeht. Es kommt auf unser Bewusstsein an und auf unsere Entscheidungen, die wir heute treffen, um in einem besseren Morgen zu landen.

Die Welt ändert sich von alleine. Auch wenn der Geschmack anfangs bitter ist...

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